Das folgende Interview habe ich mit Michel Mertens – dem Hauptorganisator des European Podcast Award – über eben diese Veranstaltung geführt.
Michel, erzähl unseren Lesern doch kurz, wo Du beruflich herkommst und welche Verbindung es da zum Podcasting gibt?
Da mein Vater schon 13 Jahre bei Radio ffn tätig war, hab ich den Radiovirus selbst bekommen. Ich bin seit 1996 im Radiobereich tätig. Bis 2000 ehrenamtlich, seit 2000 professionell als Hörfunkproduzent (Radio 21, NRJ bzw. Energy, Oldie 95)
Ich habe seit Juni 2007 mit einem ehemaligen Radiokollegen einen eigenen Webradiosender namens BeFM.de.
Das Internet bietet zwar Unmengen an Möglichkeiten und Content. Aber Quantität ist bekanntlich nicht Qualität. Wir haben nach gut produzierten Inhalten geforscht und sind selbst schnell auf das Thema Podcasting gestoßen. Es hat mich wirklich fasziniert. Damit erlebt der Inhalt und vielleicht auch der Journalismus wieder eine Renaissance, da er im deutschen Radio in den letzten 15 Jahren stark verloren gegangen ist.
Wir begannen auch mit eigenen Podcasts, wie z.B. BeFM Kinomad. Jeder Film bekommt bei uns maximal 3 Minuten, so dass man sich einen schnellen Eindruck verschaffen kann. Meistens werden ja nur 3-4 Filme in einem Beitrag oder Podcast vesprochen. Das finde ich oft tragisch. Wie soll man in 4 Sätzen 90 Minuten Film rüberbringen?
Wie kamst Du auf die Idee mit dem Podcast-Award? Wusstest Du von Anfang an, dass es ein Award wird oder hattest Du mit verschiedenen Ideen gespielt?
Die Idee ist nicht nur in einem Kopf entstanden. Man muss dazu sagen, dass ich Kollegen aus Film und Rundfunk habe. Wir arbeiten sehr eng im Netzwerk. So ist auch die Idee aus dem Netzwerk heraus entstanden.
Wir hatten anfangs die Idee eines deutschen Awards. Als wir dann den Kontakt zu Myriam Held von Olympus hergestellt hatten, kam von Olympus die Idee eines europäischen Awards.
Gibst Du uns ein paar Zahlen? Wieviele Podcaster aus welchen Ländern haben sich beworben? Gab es Überraschungen?
Wir haben exakt 769 Nominierungen aus 11 Ländern gehabt. Die teilnehmenden Länder waren Deutschland, Österreich, Schweiz, England, Frankreich, Spanien, Niederlande, Tschechien, Norwegen und Lettland.
Die große Überraschung für uns alle war die starke Beteiligung aus Spanien.
Wieviele Leute haben am EPA mitgewirkt? Wie konntet ihr das Projekt auf europäischer Ebene realisieren?
Die Initiative ist mit 5 Leuten gestartet. Im Kern sind das Nicole Simon, Ulli Harraß und ich im Backoffice. Dann haben wir begonnen ein internationales Redaktionsteam aufzubauen. Für jedes Land war ein Muttersprachler als Redakteur zuständig. Die bestehen aus Studenten und Podcastfans.
Natürlich darf man dann auch nicht die Webprogrammierer und Designer vergessen, die die technische Umsetzung betreuen. So sind allein nur für die Initiative knapp an die 20 Leute tätig. Natürlich nicht jeden Tag aber regelmäßig. Olympus sorgt als Sponsor für die Medienkontakte und die PR in den jeweiligen Ländern.
Das war im ersten Jahr viel Arbeit aber es hat sich gelohnt. Wir haben über 5000 registrierte Podcaster & Podcastfans. Aus diesem Kreis werden wir uns verstärken.
Wichtig ist für uns jedoch, dass wir uns nicht zum Verein oder Verband ausbauen wollen. Das ist nicht notwendig und auch nicht unser Ziel.
Ich habe aus der Podosphäre ein wenig Kritik vernommen, dass die Jury beim EPA nicht transparent kommuniziert wurde. Kannst Du das jetzt für Deutschland nachholen? Wie war der Auswahlprozess für die Jury?
Wir haben den Kommunikationsbedarf doch etwas unterschätzt. Aber wir wollen uns zum transparentesten Award entwickeln! Wir arbeiten z.B. gerade daran, dass auch alle Jurybewertungen NACH dem nächsten Award komplett online nachzulesen sind.
Zur Jury: Wir wollten bewusst Medienprofis einbinden, nicht nur die „Szenegrössen“. Die deutsche Podcastcommunity hat uns stellenweise nicht ernst genommen. Natürlich hatte man nach den Events des Deutschen Podcast Awards bestimmte Erwartungen an uns.
Eine prunkvolle Podcastshow wie die Oscars ist schön anzusehen. Doch das ist ein Tag im Jahr. Wir wollten klein beginnen, sodaß wir langsam aber stetig wachsen und lernen können. Einen Hype generieren kann man heute schnell. Ist die Idee dahinter aber nicht durchdacht, fällt alles schnell in sich zusammen.
Ausserdem sind wir auch in der Verantwortung den „Kritikschauplatz“ Deutschland auch mal einfach allein lästern zu lassen. Vor allem nach Neid, Missgunst und nicht immer „konstruktiver“ Kritik.
Wir denken und arbeiten nicht in nationalen Grenzen. Wir sind eine europäische Initiative und haben dafür Sorge zu tragen, dass alle Teilnehmer zufrieden sind und vor allem Spaß haben. Der europäische Gedanke ist zwar gewagt aber in unseren Augen im ersten Jahr mehr als gelungen.
Die deutsche Jury bestand aus folgenden Mitgliedern:
- Stefan Ernst / Ressorleiter Bild Wirtschaft
- Michael Höing / eMarketing und Kommunikationsberater
- Michael Seufert / ex-Stellv. Chefredakteur stern
- Ulli Harraß – ex NDR2
- Nicole Simon (hat bei Punktegleichstand Feinheiten nachbewertet – sozusagen die Juryleitung)
Können sich Interessenten für den nächsten EPA als Jury-Mitglied bewerben?
Aber sicher! Ein professioneller Hintergrund (Journalist / Kommunikation / Marketing) ist allerdings Voraussetzung. Es ist halt eine Fachjury. Wir werden natürlich auch alle nationalen Preisträger bitten beim Award 09/10 die Jury zu verstärken. Ein Podcaster kann nur einmal unseren Award bekommen, sonst würde „Schlaflos in München“ ja in Reihe gewinnen.
Womit sich meine letzte Frage ergibt, werdet ihr nächstes Jahr wieder den EPA durchführen?
Aber sicher! Wir würden uns auch sehr freuen, wenn wir podcast.de als nationalen Unterstützer und Dich Fabio als Jurymitglied gewinnen können! Momentan arbeiten wir Schritt für Schritt unsere „to do liste“ ab, technisch wie auch organisatorisch. Man sollte immer dran denken, dass wir zwischendurch auch mit bezahlter Arbeit unser Geld verdienen.
In unserem Blog haben wir den geplanten Start im Juni 09 angekündigt. Wir empfehlen allen sich im Blog bei unserem Newsletter zu registrieren, dann verpasst man die nächste Runde auf keinen Fall.
Danke Michel, dass Du Rede und Antwort gestanden hast! Alle weiteren Infos zum EPA finden sich auf der Webseite des European Podcast Award.
Verwandte Artikel:
Pingback: NormCast.de » Der European Podcast Award pausiert