Podcasting ist der Videohoster ihr Tod

Wer bisher dachte, Video im Internet ist gleichzusetzen mit Videohostern wie YouTube, Sevenload oder Revver, gehört vielleicht auch zu denjenigen, die im klassischen Fernsehen immer nur Sendungen a la “Die 100 witzigsten Werbespots” oder “Die 100 dümmsten Politiker” sehen. Waren diese Formate nicht der Grund, warum sich viele Fernsehzuschauer vom klassischen TV verabschiedet haben?

Wer mehr will, wer sich ein anspruchsvolles Programm selbst zusammenstellen will, wer eine Auswahl hochwertiger Sendungen präsentiert bekommen möchte, wer ein selbst-optimierendes Programm auf Basis der eigenen Vorlieben will, der wird im Bereich Podcasting fündig.

Nur im Podcasting gibt es durch die RSS-Feeds bereits die Möglichkeit der Aggregation, der Komposition und der Auslieferung über Systemgrenzen hinweg. Den Videohostern fehlt diese Schicht. Es gibt erste, zaghafte Ansätze (unverändert nur 6 Podcasts seit Monaten), z. B. bei MyVideo und wie ich gehört habe, Überlegungen bei Sevenload in diese Richtung. Sieht man sich aber die Podcasts bei MyVideo an, so wird dort ein Flash-Player mit eingebettetem Video ausgeliefert. Videohoster arbeiten proprietär. Das System ist auf den PC ausgelegt.

Wer akzeptiert in der Welt der offenen Standards des Internets geschlossene Systeme? Wer will bei all den neuen Möglichkeiten – PDAs mit großen Displays, Fernseher mit Internetanschluß, Computer mit Fernbedienung, Handys mit WLAN – noch ausschließlich auf den klassischen PC angewiesen sein?

Was auch nicht funktionieren wird, ist ein Distributionskanal, der nur von einem Videohoster unterstützt wird. Selbst eine Branchengröße wie YouTube könnte so ein System nicht durchsetzen. Es fehlt der Rückhalt in der Industrie. Warum ein Unternehmen stützen, daß in großem Umfang geschützte Inhalte mißbraucht. Auf YouTube finden sich zwar viele Sendungen, aber wenige Special-Interest Formate und kaum länderspezifische Inhalte.

Was wäre jetzt noch ein überzeugender Grund für ein proprietäres System, wenn die Auslieferung dank RSS, Media-Erweiterung und Bittorrent schon hervorragend funktioniert?

Ich als Konsument will die Wahl, was, wann, wo und wie ich sehe. Ich als Endanwender will einfach (nur) Inhalte konsumieren. Einfach heißt für mich, daß ich mir keine Gedanken über den Zugang, Codecs, Plugins oder Software machen will. Einfach heißt für mich, daß das Endgerät meiner Wahl, die Inhalte meiner Wahl in einer möglichst optimalen Art und Weise wiedergeben kann.

Das alles ist möglich mit Podcasting. Ein Podcast kann sein, die Sendungen eines Produzenten, die Sendungen zu einem Stichwort, aktuelle Sendungen, gute Sendungen, beliebte Sendungen. Ein Podcast muss nicht nur in einem Format vorliegen, ein Podcast sollte über verschiedene Zugangswege erreichbar sein.

Habe ich ein Podcast einmal abonniert, bin ich immer und überall informiert!

Über Fabio "Mr. Podcast" Bacigalupo

Seit Ende 2004 betreibt Fabio Bacigalupo das Podcast-Portal podcast.de als zentrale Anlaufstelle für die Podcast-Nutzung in Deutschland. 2010 launchte er den auf Podcast-Hosting spezialisierten Dienst podcaster.de für die Allgemeinheit. Mittlerweile betreibt er auch das Podcast-Label podlabel mit und fungiert als Co-Geschäftsführer beim Podcast-Vermarkter audiotakes.
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9 Antworten zu Podcasting ist der Videohoster ihr Tod

  1. anonymous sagt:

    Klingt fast als ob Du hier etwas dringend verkaufen willst, was irgendwie derzeit nicht so tollen Absatz findet wie das Produkt der anderen …

    Etwas wirklich innovatives sollte doch solch ein Gebet nicht nötig haben oder?

  2. Fabio sagt:

    Hallo anonymous,

    schade, daß Du Dich nicht zu erkennen gibst, sonst könnte ich Dir persönlich sagen, wie falsch Du mit Deiner Annahme liegst. Podcasting (inkl. podcast.de) liegt voll im Trend. Wir können uns über den Zuspruch nicht im Geringsten beschweren. Ganz im Gegenteil, aber ein wenig Klärungsbedarf und Aufzeigen der eigenen Möglichkeiten schadet aus meiner Sicht nie.

    Fabio.

  3. cheops sagt:

    moin.

    also deinen zweiten absatz finde ich ein wenig schwarz/weiss. es liegt bei jedem selbst, OB und wenn ja WELCHES programm man sich antut. während im tv-bereich die einschaltqueoten (nicht immer) die grütze wegregulieren, kann im podcast bereich hinz und kuntz so viel müll von sich geben, bis die bandbreite zusammenschrumpft! als kleines beispiel folgende casts:

    http://www.podcast.de/sender/6566/Er_redet_Sachen
    http://www.podcast.de/sender/6657/FlashGorden
    …darauf hat die welt gewartet!

    weg vom inhaltlichen aspekt hin zu der technsichen hürde: würde ich keinen flash-player und mp3-codecs installiert haben, hätte ich mir diese “perlen” des podcastings nicht anhören können 🙁

    und schlussendlich zur verbreitung der medien: da geb ich dir recht, ich möchte selber bestimmen, was, wann und wo ich filme,bilder und informationen konsumiere. das problem ist jedoch, dass der otto-normal mensch bereits beim bedienen seiner kaffeemaschine überfordert ist. wie soll er dann jemals die podcasts seines vertrauens an seinen fernseher, sein handy oder seinen ipod (ok, das dürfte die einfachste hürde sein) weiterleiten? frage: will er das überhaupt?

    heinz von der ecke ist froh, wenn er seinen internetbrowser bedienen kann und freut sich nen ast ab, wenn er gezielt webseiten ansteuern kann, wie z.b. youtube. wenn sich dann auf der webseite auch noch eine fülle von (wenn auch sinnlosen) videos erscheinen und sich alles bunt bewegt, ist heinz von der ecke glücklich und er hat einen schönen feierabend – mehr will er doch gar nicht!

    das, was massentauglich und dau-kompatibel ist, wird sich nunmal durchsetzen und youtube hat es recht ordentlich vorgemacht und meiner meinung nach ist vom tenor deiner mitteilung “podcasts verdrängen videohoster” bisher wirklich nichts zu spüren.

    vielleicht langfristig irgendwann mal…

    gruß
    cheops

  4. Julia sagt:

    Streitet bitte nicht 🙂
    Ich höre heute zum ersten Mal das Wort podcasting und bin unterwegs, um es mir zu erklären. Also braucht man erklärungen.

  5. anonymous sagt:

    Sofern die “Aufklärung” objektiv erfolgt sehe ich das genauso wie Du.

    Dein Artikel erscheint allerdings mehr wie eine Predigt denn wie ein objektiver Artikel, der Vor- und Nachteile beider erwähnter Technologien objektiv gegeneinander abwägt.

    Folgende Punkte bleiben unbeantwortet oder sind ausschliesslich einseitig beleuchtet:

    “Will ich jedes mal gleich ein Abo oder nur mal ein einzelnes Video sehen? Nur weil mich mal ein Artikel in einer Zeitung interessiert abonniere ich die ja auch nicht gleich.”

    “Ist das Angebot von Podcasts wirklich anspruchsvoller als das was es in Videoportalen gibt?”

    “Seit wann kann ich auf Videoportalen nicht nach meinen eigenen Vorlieben Videos auswählen und ansehen wann und wo ich will?”

    “Warum ist die Auslieferung bei Videoportalen nicht über Systemgrenzen gewährleistet? Flash und Browser gibt es für folgende Systeme:
    Windows, Mac, Linux, Mobile Endgeräte, uvm.”

    “Was spricht gegen die ‘klassische’ Auslieferung per Browser, die jeder User versteht und (wenn er nicht grad nen Abo will) völlig zulänglich ist?”

    “Wo ist podcasting einfacher und seit wann muss ich mir bei Videoportalen Gedanken über Codecs machen?”

    Zuguterletzt dann noch die Schlagzeile, mit der Du direkt bei der Bild anheuern könntest und die meinen Eindruck maßgeblich unterstreicht 🙂

    Freue mich auf objektive antworten.

  6. Fabio sagt:

    Hallo Cheops!

    > weg vom inhaltlichen aspekt hin zu der technsichen hürde: würde ich keinen flash-player und
    > mp3-codecs installiert haben, hätte ich mir diese “perlen” des podcastings nicht anhören

    Du hast Dir Podcasts auf der Webseite angesehen. Du hast also den klassischen Weg gewählt. Es gibt aber z. B. bereits die Möglichkeit Podcasts über diverse MP3-Player anzuhören, dafür brauchst Du weder ein installiertes Flash noch MP3-Codecs. Die Software, ja es ist auch Software im Spiel, und die Hardware werden so ausgeliefert, daß sich die Dateien Click-n-Play abspielen lassen.

    > und schlussendlich zur verbreitung der medien: da geb ich dir recht, ich möchte selber
    > bestimmen, was, wann und wo ich filme,bilder und informationen konsumiere. das problem ist
    > jedoch, dass der otto-normal mensch bereits beim bedienen seiner kaffeemaschine überfordert
    > ist. wie soll er dann jemals die podcasts seines vertrauens an seinen fernseher, sein handy
    > oder seinen ipod (ok, das dürfte die einfachste hürde sein) weiterleiten? frage: will er das
    > überhaupt?

    Die Mediensouveränität ist sicherlich ein Punkt, den erst das Nutzungsverhalten der Zukunft nachhaltig bestimmen kann. Der Mensch, der das Bedürfnis hat, einen Kaffee zu trinken, hat auch gelernt erst einen Kaffee zu kochen.

    > heinz von der ecke ist froh, wenn er seinen internetbrowser bedienen kann und freut sich nen
    > ast ab, wenn er gezielt webseiten ansteuern kann, wie z.b. youtube. wenn sich dann auf der
    > webseite auch noch eine fülle von (wenn auch sinnlosen) videos erscheinen und sich alles bunt
    > bewegt, ist heinz von der ecke glücklich und er hat einen schönen feierabend – mehr will er

    Heinz will keinen Webbrowser bedienen. Heinz will nicht mal wissen, was ein Browser ist und wird es auch nie. Heinz kennt seinen Fernsehen und das ist gut so. Mehr wird Heinz auch in Zukunft nicht wissen müssen, um Podcasts zu konsumieren.

    > das, was massentauglich und dau-kompatibel ist, wird sich nunmal durchsetzen und youtube hat
    > es recht ordentlich vorgemacht und meiner meinung nach ist vom tenor deiner mitteilung
    > “podcasts verdrängen videohoster” bisher wirklich nichts zu spüren.

    Wer benutzt YouTube? Eine Internet-affine Zielgruppe, sprich eine Zielgruppe, die mind. mit einem Browser umgehen kann. Das ist in Deutschland immerhin schon ein Großteil der Bevölkerung, aber längst nicht ein Massenmarkt wie beim Fernsehen. Aus meiner Sicht ist YouTube daher eine schlechte Referenz, weil es immer noch viel zu kompliziert zu bedienen ist. Das kann höchstens ein Einstieg für eine junge Zielgruppe, die keine Berührungsängste vor dem “neuen” Medium Internet haben, gewesen sein. Ich habe nie geschrieben, daß der Stand, wo Podcasting sich jetzt befindet, der Stand ist, wo es massen-tauglich ist. Ich habe nur geschrieben, daß es die Voraussetzungen mitbringt, eine größere Zielgruppe anzusprechen, als das aus meiner Sicht die Videohoster tun können.

    Ciao
    Fabio.

  7. Fabio sagt:

    Hallo anonymous,

    Sofern die “Aufklärung” objektiv erfolgt sehe ich das genauso wie Du.

    mal ganz unter uns, wie soll ich als derjenige, der podcast.de betreibt und sich seit über 2.5 Jahren intensiv mit Podcasting beschäftigt wirklich objektiv Stellung zu dem Thema nehmen? Andererseits schon einmal auf die Idee gekommen, daß der Artikel bewußt provokant geschrieben ist?

    “Will ich jedes mal gleich ein Abo oder nur mal ein einzelnes Video sehen? Nur weil mich mal ein Artikel in einer Zeitung interessiert abonniere ich die ja auch nicht gleich.”

    Was spricht beim Podcasting gegen das Konsumieren eines einzelnen Beitrages? Nur, weil ich es nicht gesondert erwähnt habe, heißt es nicht, daß es nicht geht.

    “Ist das Angebot von Podcasts wirklich anspruchsvoller als das was es in Videoportalen gibt?”

    Ich habe mich jetzt gerade noch einmal umgesehen. Sevenload baut eine Schiene an hochwertigen Inhalten auf, die ich vom Anspruch sehr ansprechend finde.

    “Seit wann kann ich auf Videoportalen nicht nach meinen eigenen Vorlieben Videos auswählen und ansehen wann und wo ich will?”

    Da ist zumindest in Sachen Automatisierung noch nicht das letzte Wort gesprochen. Zum Glück besteht allgemein die Möglickeit der freien Wahl bei uns.

    “Warum ist die Auslieferung bei Videoportalen nicht über Systemgrenzen gewährleistet? Flash und Browser gibt es für folgende Systeme: Windows, Mac, Linux, Mobile Endgeräte, uvm.”

    Ich dachte mehr an Geräte ohne PC-Basis, Handys, MP3-Player, Fernseher, Embedded Systeme.

    “Was spricht gegen die ‘klassische’ Auslieferung per Browser, die jeder User versteht und (wenn er nicht grad nen Abo will) völlig zulänglich ist?”

    Nichts. Das wird beim Podcasting auch gemacht. Mein Ansatz geht mehr in die Richtung über den Tellerrand hinaus zu sehen!

    “Wo ist podcasting einfacher und seit wann muss ich mir bei Videoportalen Gedanken über Codecs machen?”

    Das mit den Codecs war eine allgemeine Aussage über mich als Konsumenten. Das stinkt mir im Moment gerade auch beim Podcasting noch gewaltig.

    Zuguterletzt dann noch die Schlagzeile, mit der Du direkt bei der Bild anheuern könntest und die meinen Eindruck maßgeblich unterstreicht . Freue mich auf objektive antworten.

    Wie ich schon einleitete, ich habe meine ganz subjektive Sicht auf die Dinge. 🙂

    Ciao
    Fabio.

  8. cpier sagt:

    Ein schöner, runder Text, Fabio. An der Diskussion hier merkt man allerdings schon wie viel Aufklärung noch nötig ist.

  9. henrik sagt:

    also die sache mit dem “Mitnehmen” auf meinen iPodShuffle z.B. oder andere Player, das ist schon ein thema. und noch einmal: so was wie eine zusammenstellung des Programmlauf-Planes. das ist für mich das thema der zukunft. und da ist youTube eben vorrangig web-browsen mit dem unterschied von m4v bzw. flv anstatt jpg aber im prinzip wie vor 3 jahren.

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