Von Mono zu Stereo zu „mehr als Stereo“? Die Welt der Klänge entwickelt sich stetig weiter. Binaurales Audio könnte ein neuer großer Trend sein. Erste Studios erarbeiten bereits binaurale Podcasts.
Wie The Verge berichtet, arbeitet das texanische Medienunternehmen iHeart aktuell an Podcastproduktionen, die auf binaurales Audio setzen. Binaural ist eine besondere Aufnahmetechnik, die dem menschlichen Hören möglichst nah kommen soll. Sie soll sogar so verblüffend gut funktionieren, dass einer der The Verge-Autoren die Aufnahme nicht mehr von einem Live-Konzert unterscheiden konnte.
Wie funktioniert Binaural Audio?
Die verwendeten Mikrofone haben eine Besonderheit. Sie sind in der Form menschlicher Ohren konstruiert und teilweise sogar in Nachbildungen ganzer menschlicher Köpfe eingelassen. So imitieren sie die menschliche Physiologie und empfangen Schallwellen genau so, wie es auch ein Mensch täte. Die Mikrofone zeichnen im Stereoprinzip auf, also mit jeweils zwei Mikrofonen, von denen jedes stellvertretend für ein menschliches Ohr steht.
Binaural Audio macht sich die menschliche Fähigkeit zu nutze, dass Geräusche Richtungen und Entfernungen zuzuordnen. Im Vergleich zu regulären Stereoaufnahmen oder Surround Sound-Systemen sollen sie so ein noch präziseres und originalgetreueres Klangbild liefern. Mit einfachen Kopfhörern lässt sich bereits ein spannendes Klangerlebnis erzielen, hochwertige Kopfhörer machen Binaural Audio-Produktionen zu einer Reise der besonderen Art.
Die Technik an sich ist übrigens nicht neu, eigentlich ist sie bereits über 100 Jahre alt. Die Verbreitung von Virtual Reality-Angeboten und die damit verbundene Nachfrage soll den Trend nun wieder befeuert haben. Binaurale Podcasts dürften der nächste Schritt sein.
Binaurale Podcasts aus deutscher Produktion
iHeart arbeitet bereits in mit 12 Mitarbeitern in 3 Studios an den hauseigenen Binaural Audio-Produktionen. Doch nicht nur in den Staaten denkt man in diese Richtung. Auch in Deutschland hat man den Trend bereits auf dem Schirm. Doris Hammerschmidt von Medienproduktion München beschäftigt sich gemeinsam mit ihrem Mann, Frank Busch, mit möglichen Podcast-Formaten mit 3D-Audio-Elementen.
Binaural Podcasts bereits dieses Jahr
Gemeinsam arbeiten die Autorin des „Podcast-Buchs“ (Haufe Verlag) und der Toningenieur an verschiedenen 3D-Audio-Projekten. Auslöser waren für Hammerschmidt der Podcast Backup der Lufthansa Group wie auch diverse Produktionen der BBC. Im Podcast „Finding Fire“, einem Storytelling-Podcast, der im Frühjahr 2021 veröffentlicht werden soll, gibt es „punktuelles“ 3D-Audio: Wenn die beiden Protagonisten im Café sitzen und im Hintergrund der Springbrunnen plätschert. Oder als akustisches Reenactment, wenn der Anhalter Bahnhof im späten 19. Jahrhundert dargestellt werden soll, mit dampfenden Lokomotiven links und dem pfeifenden Stationsvorsteher rechts.
Binaural Audio für historische Klänge
Ein weiteres „historisches“ Projekt der beiden ist in der Klassischen Musik angesiedelt. Auch hier soll es Collagen aus Geräuschen geben, die im Kopfhörer vorne, hinten, rechts, links, oben, unten zu verorten sind – Schiffe, Kutschen, Klaviermusik, Gespräche, Wind, Wanduhr oder Bretterknarzen. Die einzelnen Sounds beziehen die beiden aus Ihrem Geräusche-Archiv und von Boom Library.
Wie produziert man binaurale Podcasts?
Gemischt und arrangiert werden alles mit Dear Reality dearVR PRO. Als kostenloses Tool empfehlen Hammerschmidt und Busch außerdem AMBEO von Sennheiser.
Eure Meinung interessiert uns. Hat Binaural Audio das Potenzial zum neuen, großen Wurf oder ist es höchstens eine nette Spielerei? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.